Gesellschaft und Zukunft
Alter Geschlecht Migrationshintergrund Wohngröße
Bei durchgeführten Befragung wurden die Teilnehmenden zu ihrer Einschätzung des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Deutschland befragt.
Die Daten zeigen eine überwiegend positive Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, insbesondere im Hinblick auf das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer größeren sozialen Einheit. Gleichwohl ist ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung – wenn auch in geringerem Maße – unzufrieden mit dem aktuellen Zustand des gesellschaftlichen Zusammenlebens oder empfindet eine geringere Kohäsion.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland von den Befragten mehrheitlich als funktionierend bewertet wird (60,6 % stimmen eher /völlig zu). Gleichwohl gibt ein beträchtlicher Teil von 32,8 % der Befragten an, dieser Aussage eher nicht und 6,7 % gar nicht zuzustimmen. Etwas positiver fallen die Zustimmungswerte im Hinblick auf die Gruppenkohäsion, d. h. dem subjektiven Gefühl der Zugehörigkeit zu einer größeren Gemeinschaft aus: Hier stimmen 70,4 % der Teilnehmenden (eher/völlig) der Aussage zu, das Gefühl zu haben, Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein. Demgegenüber empfinden 29,6 % der Befragten eine geringere Kohäsion (stimmen gar/eher nicht zu).
Die insgesamt sehr hohen Zustimmungswerte zu den Merkmalen funktionierender Gesellschaften unterstreichen, dass die Befragten ein gemeinsames Verständnis darüber teilen, welche Merkmale für eine funktionierende Gesellschaft als zentral angesehen werden. So stimmten 93,4 % der Befragten (eher/völlig) der Aussage zu, dass sich funktionierende Gesellschaften durch verhältnis- und rechtmäßige Polizeiarbeit auszeichnen. Ebenfalls hohe Zustimmungswerte über 90 % wurden für die anderen Merkmale einer funktionierenden Gesellschaft (ein gemeinsames Ziel; gemeinsame Regeln, die von allen befolgt werden; individuelles Engagement der Menschen) erreicht.
Die Antwortmöglichkeiten, die sich auf die Merkmale funktionierender Gesellschaften beziehen, weisen im Rahmen einer Faktorenanalyse eine eindimensionale Struktur auf und wurden als Mittelwertscore zur Skala „Funktionierende Gesellschaften“ zusammengefasst (Cronbachs Alpha = .806, MW 3.35; SD 0.54).
In der vorliegenden Studie wurde das Vertrauen der Teilnehmenden in Institutionen auf Bundesebene sowie auf Landesebene (Baden-Württemberg) analysiert. Zur Erhebung des Vertrauens wurde ein siebenstufiges Antwortformat verwendet, das von 1 = „Vertraue ich überhaupt nicht“ bis 7 = „Vertraue ich voll und ganz“ reichte (Hermann et al., 2022). Im Anschluss an die Datenerhebung wurden die Vertrauenswerte trichotom kategorisiert: Antworten der Kategorien 1 und 2 wurden als kein/geringes Vertrauen, die Werte 3 bis 5 als mittleres Vertrauen und die Kategorien 6 und 7 als hohes Vertrauen zusammengefasst.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Justiz (Bundesverfassungsgericht und Justiz Baden-Württemberg), die Polizei (Polizei Baden-Württemberg und Bundespolizei) sowie die Bundeswehr im Vergleich zu anderen Institutionen ein hohes Maß an Vertrauen genießen. Weniger als 10 % der Befragten gaben an, diesen Institutionen nicht oder nur im geringen Maße zu vertrauen. Besonders ausgeprägt ist das Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht und die Polizei Baden-Württemberg, denen jeweils über 50 % der Befragten ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen.
Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (SWR Fernsehen. Radio „SWR BW“) sowie den öffentlich-rechtliche Medien (z.B. ARD. ZDF. Deutschlandradio) zeigt sich ein differenzierteres Meinungsbild in Bezug auf das Vertrauen. Während 16,2 % (SWR) bzw. 19,5 % (öffentlich-rechtliche Medien allgemein) der Befragten gegenüber diesen Institutionen kein oder nur ein geringes Vertrauen entgegenbringen, vertraut jeweils etwa ein Drittel der Teilnehmenden diesen in hohem Maße. Ca. die Hälfte der Befragten gibt mittlere Vertrauenswerte an.
Vergleichsweise niedrige Vertrauenswerte wurden gegenüber den Landes- und Bundesregierungen sowie den politischen Parteien auf Landes- und Bundesebene festgestellt. So gaben 15,6 % der Befragten an, der Landesregierung nur geringes Vertrauen entgegenzubringen, während dieser Wert für die Bundesregierung bei 27,4 % liegt. Noch höher fallen die niedrigen Vertrauenswerte gegenüber politischen Parteien aus, mit 27,6 % auf Landesebene und 30,9 % auf Bundesebene. Trotz dieser vergleichsweise geringen Vertrauenswerte in die Politik und die Parteien geben jedoch fast 70 % der Befragten an, diesen zumindest ein mittleres Maß an Vertrauen entgegenzubringen.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung fügen sich in das Ranking anderer Studien zum Vertrauen in Institutionen, wie beispielsweise dem forsa-Vertrauensranking, ein.
Die Teilnehmenden wurden auch nach ihren Einschätzungen zu künftigen (negativen) gesellschaftlichen Entwicklungen befragt. Hierbei zeigte sich, dass insbesondere negative ökonomische Entwicklungen als (sehr/eher) wahrscheinlich eingeschätzt werden. So halten es 95,70 % der Befragten für (sehr/eher) wahrscheinlich, dass Gegensätze zwischen Arm und Reich zunehmen werden; 87,60 % gehen (sehr/eher wahrscheinlich) davon aus, dass es den kommenden Generationen in Deutschland schlechter gehen wird als uns heute. Aber auch ein Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts wird von 80 % der Befragten als (sehr/eher) wahrscheinlich erachtet. Ähnlich hoch ist die Besorgnis hinsichtlich der Bedrohung der Lebensgrundlagen durch den Klimawandel, die von 79 % der Teilnehmenden als (sehr/eher) wahrscheinlich eingeschätzt wird. Im Hinblick auf den Einfluss Künstlicher Intelligenz erachten ca. zwei Drittel (64 %) für sehr/eher wahrscheinlich, dass diese unser Leben negativ beeinflussen wird.
In einer weiteren Frage wurden die Befragten gebeten, ihre Einschätzung zur zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung Baden-Württembergs, zur Entwicklung im Wohnumfeld und der näheren Region sowie zur persönlichen Entwicklung abzugeben. Mit Blick auf die Entwicklung Baden-Württembergs zeigt sich, dass lediglich 51 % (trifft eher/voll und ganz zu) der Befragten davon ausgehen, dass sich Baden-Württemberg positiv entwickeln wird (ähnliche Werte auch für Sachsen, vgl. dimap, 2023); 56 % (trifft eher/voll und ganz zu) sind der Ansicht, dass Baden-Württemberg die Herausforderungen der Zukunft auch meistern wird. Auch der gesellschaftliche Zusammenhalt in Baden-Württemberg wird nach Ansicht von 80 % (trifft gar/eher nicht zu) der Befragten eher nicht wachsen. Vergleichsweise hohe Zustimmungswerte erreichen die Ergebnisse für die Entwicklung des Wohnumfeldes und der näheren Region. Die höchsten Zustimmungswerte zeigen sich bei der Einschätzung der persönlichen Selbstwirksamkeit: 88 % der Befragten stimmen der Aussage zu, dass sie ihr Leben selbst in der Hand haben, und 86 % sind überzeugt, dass sie durch eigene Anstrengungen Erfolg haben können. Vergleichbar zum vorangegangenen Themenblock wird im Hinblick auf den Einfluss Künstlicher Intelligenz von 47 % angenommen, dass diese unser Leben positiv beeinflussen wird.
Die Ergebnisse implizieren eine Diskrepanz zwischen individueller Zuversicht und gesellschaftlichem Pessimismus. Während die Befragten ihr unmittelbares Umfeld und ihre persönliche Handlungsfähigkeit überwiegend positiv bewerten, sind sie hinsichtlich der gesellschaftlichen Entwicklungen, insbesondere des Zusammenhalts, skeptischer.